Was sich das OLG Bremen nun im Verfahren 4 UF 33/15 geleistet hat, grenzt an bewusste Blockade einer positiven Entwicklung der Familienrechtslandschaft.
Nicht von ungefähr war Kern der Gesetzesnovellierung vor zwei Jahren, nicht ehelichen Vätern das Erlangen einer gemeinsamen Sorge für leibliche Kinder zu erleichtern. Nicht zufällig war insbesondere das bis dahin geltende Veto-Recht der Kindesmutter weggefallen – der EuGH hatte Deutschland keine andere Wahl gelassen, als die Gesetze diesbezüglich zu überarbeiten, denn dass unter dem Fähnchen der Gleichberechtigung Mütter entscheiden durften, ob Väter das Sorgerecht für gemeinsame Kinder erhalten, das stellte laut EuGH eine klare Diskriminierung dar und das darf nicht sein.
Die Lösung des Gesetzgebers war o.g. vereinfachtes Verfahren zur Erlangung der gemeinsamen Sorge, die sogar rein schriftlich durch ein Gericht erteilt werden kann. Eine Anhörung der Parteien ist also nicht einmal mehr zwingend notwendig – und das ergibt durchaus Sinn, wenn man bedenkt, dass auch niemand die Kindesmutter genauer unter die Lupe nimmt, bevor sie mit vollem Sorgerecht für das Kind das Kranken- oder Geburtshaus verlässt. Entsprechend eigenartig mutet das schon unmittelbar nach Gesetzesänderung aufgekommene Argument an, man könne ja nicht einfach so irgendwem Sorgerecht erteilen, ohne denjenigen zumindest einmal persönlich gesehen zu haben. Doch, kann man. Kann der Gesetzgeber per se bei sämtlichen Müttern in Deutschland ja auch.
Die Sache mit der Kommunikation
Durch familienrechtliche Beschlüsse der vergangenen zehn Jahre zieht sich das Triggerwort “Kommunikation” wie ein roter Faden. Eines der beliebtesten Argumente, um eine gemeinsame Elterliche Sorge wahlweise abzulehnen oder sogar aufzuheben waren Kommunikationsschwierigkeiten zwischen den Eltern. Dabei entstand durch die Grundausrichtung der Familiengerichte auf das Kindeswohl – wonach in erster Linie gleichgültig ist, warum ein Problem für das Kind entsteht und die Frage, wie es auf kürzestem Wege zu lösen ist, davon unabhängig beantwortet werden sollte – ein maligner Motivator insbesondere für betreuende Elternteile, die eine gemeinsame Sorge mit dem anderen Elternteil ablehnten – in erdrückender Mehrheit von über 90% Mütter, die ihrerseits mit Geburt des Kindes automatisch sorgeberechtigt sind.
Denn wer die Schuld daran trug, dass keine vernünftige Kommunikation in Angelegenheiten des Kindes möglich war, untersuchten die Gerichte im Grunde gar nicht. Das eröffnete einem betreuenden Elternteil, welches nicht bereit war, die gemeinsame elterliche Sorge mit dem Umgangselternteil auszuüben die Möglichkeit, sich seiner quasi zu “entledigen”, indem selbst einfach die Kommunikation verweigert wurde.
Es ist unmöglich nachzuvollziehen, wie häufig eine gemeinsame Sorge aufgehoben oder nicht beschlossen worden ist, weil ein Elternteil mutwillig und vollkommen bewusst die konstruktive Zusammenarbeit mit dem anderen Elternteil verweigert hat. In entsprechenden Beschlüssen ist grundsätzlich die Rede von zur Kommunikation unfähigen “Eltern”. Sippenhaft im Grunde, wenn man so möchte.
Erst im Zuge der Debatte um paritätische Betreuungsmodelle und die Gesetzesnovellierung wurde auch dieses Problem mehr und mehr erkannt, so dass heute die überwiegende Mehrheit der zuständigen Gerichte bewusst ergründet, woher ein Kommunikationsproblem tatsächlich rührt, wer sich inwiefern verweigert und sich diesbezüglich nicht mehr instrumentalisieren lässt. Das geht so weit, dass mittlerweile davon ausgegangen wird, dass eine chronische Verweigerungs- und Blockadehaltung ein Ausweis für eine eingeschränkte Erziehungsfähigkeit des Elternteils sein kann. Die Frage, wie es in diesen Fällen um die Bindungstoleranz bestellt ist taucht rasch auf.
Ein Rückschritt
Insofern ist das Aufheben der – völlig nachvollziehbaren – Entscheidung des zuständigen Amtsgerichtes durch das OLG in diesem Fall ein klarer Rückschritt, insbesondere im Bezug auf die Begründung, ein vereinfachtes Verfahren käme nicht in Frage, da es offensichtlich Konflikte gebe. Allerdings – gäbe es die nicht, wäre der Fall nicht vor Gericht. Dann säßen die Eltern beim örtlichen Jugendamt und würden eine gemeinsame Sorgeerklärung unterzeichnen. Denn dass die Kindesmutter die gemeinsame Sorge nicht wünscht, begründet ja schon den Hauptkonflikt, der zu einer gerichtlichen Entscheidung überhaupt erst führen muss.
Man kann sich an dieser Stelle nur wünschen, dass das zuständige Amtsgericht das nun anstehende Hauptsachverfahren dazu nutzen wird, eine deutliche Signalentscheidung für die gemeinsame Sorge und wider Launen und Sympathien der beteiligten Eltern zu fällen.
Denn es kann und muss von Eltern verlangt werden, dass zwischenmenschliche Konflikte so weit zurückgehalten werden, dass die Angelegenheiten des Kindes in dessen Sinne und gemeinsam besorgt werden können. Wer das nicht kann oder will und eigene Befindlichkeiten über für das Kind wichtige Belange stellt, muss sich kritische Nachfragen zur tatsächlichen Erziehungsfähigkeit gefallen lassen.
Einfach einen der Konfliktfaktoren aus der Gleichung zu streichen – gewöhnlich denjenigen, dessen Streichung für das Kind oberflächlich betrachtet die geringere Erschütterung bedeutet – ist weder der Qualität und Kompetenz unserer Gerichte noch dem Gewicht solcher Entscheidungen für die betroffenen Kinder angemessen.
Der Beschluss des OLG ist doch erst einmal korrekt.Die Sorge konnte im vereinfachten Verfahren nicht übertragen werden da die Mutter Gründe angeführt hat.
Im nun folgenden Verfahren sollte aber eine gemeinsames Sorgerecht auch gegen den Willen der Mutter möglich sein.
Gerade weil die Kommikation schlecht funktioniert ist eine gemeinsame Sorge zielführend.
http://www.haufe.de/recht/familien-erbrecht/gemeinsamens-sorgerecht-weil-die-mutter-abblockt_220_181718.html
Hallo Cris,
das ist eine spannende Frage. Dem Wortlaut nach ist das vereinfachte Verfahren ja dann möglich, wenn die Gegenseite keine Gründe vorbringt, die einer Übertragung der gemeinsamen Sorge entgegenstehen können – die Frage wäre jetzt, ob bereits anhand der Antragsbegründung ersichtlich sein kann, dass die vorgebrachten Gründe in Inhalt oder Relevanz nicht dazu geeignet sind, einer Übertragung der gemeinsamen Sorge entgegen zu stehen. Es ergäbe sich also die Frage, ob das vorbringen von Gründen per se das vereinfachte Verfahren ausschließen würde – das würde dann aber im Grunde den Ablauf ad absurdum führen, denn wenn schon das Gericht zur Herstellung der gemeinsamen Sorge angerufen wird, ist ja davon auszugehen, dass man zu einer Sorgeerklärung beim örtlichen Jugendamt nicht bereit war. Die Gegenseite also Vorbehalte hat, welcher Natur auch immer.
Das liegt dann wohl leider im Ermessen des Richters, ob die genannten Gründe einer gemeinsamen Sorge im vereinfachten Verfahren entgegenstehen.Wenn jemand Gründe nennt welche für schwerwiegend gehalten werden, wird also erst einmal nicht entschieden.
Der Richter prüft dann in einer Anhörung und hört auch den Vater an.
Die genannten Gründe müssen ja auch beweisbar sein.’
Im Verlauf der nun folgenden Anhörung, werden die Gründe auf ihre Stichhaltiogkeit geprüft und dann entschieden.
Sollte die Mutter nun also die Unwahrheit gesagt haben, oder die Gründe nicht ausreichen, dann wird sie die Kosten für das Verfahren tragen müssen.
Bei PKH natürlich ein Kinderspiel für die Mutter.
Schön ist doch immer wieder, daß der gleiche Mann welcher für eine Beziehung gut genug war, nun nicht mehr gut genug sei soll um für das gemeinsame Kind Sorge zu tragen.
Die Neuregelung über das gemeinsame Sorgerecht öffnet leider Tür und Tor, dass sich Väter aus der alltäglichen Verantwortung für das Kind stehlen können, da Sie nicht einmal den “Versuch” machen müssen, mit dem Kind ( und dem anderen Elternteil) zusammen zu leben. Es reicht der genetische Vater zu sein (auch nur ein one-night-stand) und man kann alle “Rechte” am Kind einfordern, ohne in der Praxis wirklich Verpflichtungen oder Verbindlichkeiten leisten zu müssen. Dieser leichte Weg entspricht leider oft den “Lebensvorstellungen” von Männern, die sich im Grunde genommen davor scheuen, die alltäglichen Pflichten und Belastungen des Erziehens und Betreuens eines Kindes und den damit verbundene “Einschränkungen” der eigenen Bedürfnisse und Interessen bis hin zu beruflichen Abstrichen zu übernehmen – sie brauchen keine wirkliche Verantwortung übernehmen und können nach ihren Bedürfnissen den Kontakt zum Kind wählen. Ist das im Sinne des Kindeswohls ???? Die im Alltag betreuende Person ( eben meist dann die Mutter) hat so nicht nur allein die gesamte Arbeit und Verantwortung für das Kind im Alltag, sondern muss mit einem gemeinsamen Sorgerecht noch zusätzlich die Ansprüche des Vater aus dem gemeinsamen Sorgerecht ( Informationen , Entscheidungen etc.) ” bedienen” und wenn es um Entscheidungen geht, ist sie immer auf die Zustimmung angewiesen, die sehr leicht als Druckmittel zu gebrauchen ist. Sie wird dadurch zum “Dienstleister” für den Kindesvater , der sich seinerseits völlig aus den Pflichten und der Arbeit für das Kind “raushalten” kann. Ganz nach seinem Belieben und Interessen. Die Konsequenzen wird man leider erst in einigen Jahren sehen. Es sollte doch jedes Recht der Eltern im Zusammenhang mit einem Kind auch an Pflichten gebunden sein, weil es die “Pflichten” der Eltern sind, die ein Kindeswohl garantieren können – nicht die Rechte… Ein Kind, das einen wie oben beschriebenen, genetischen Vater hat, hat auch schlechtere Aussichten einen ” Alltagsvater” zu bekommen, da es wenige Männer gibt, die bereit sind Alltagspflichten zu übernehmen und damit wirklich zum Kindeswohl beizutragen, wenn Sie keinerlei (Mitbestimmungs) – Recht haben. Diese Kinder werden dann kaum die Chance haben, eine (Alltags) -Familie erleben zu dürfen. Auch die Konsequenzen für die Alleinerziehenden (Mütter) sind erheblich, weil zusätzliche Belastungen sicher nicht dazu führen , das Umfeld für das Kind optimaler zu gestalten ( sondern die burn-out Gefahr mit Sicherheit steigen wird). Ob diese Frauen sich dann noch einmal wagen würden, mehr als ein Kind zu bekommen ? Die Statistik der kommenden Jahre wird das zeigen – zu erwarten ist es nicht. Was wenn es wieder ” nicht klappt” ? Dann stellen 2 Väter Forderungen nach Informationen, Umgangszeiten etc. , und mit Rücksichtnahme ist nicht unbedingt zu rechnen. Dafür gibt es gar keine “Regelungen” und wenn man Pech hat , ist jedes Kind immer an einem anderen WE beim Umgang und man hat nie die Möglichkeit etwas wie familiäre Atmosphäre zu finden , es geht zu wie auf dem Bahnhof ( spreche da aus Erfahrung). Der Gesetzgeber schafft hier Gegebenheiten, die in eine bestimmte demografische Entwicklung führen wird. Na zumindest können sich alle Frauen seit 2013 informieren, welche Gesetzeslage vorliegt und sich überlegen, welches “Risiko” sie eingehen. Was aber ist mit Müttern, die sich zuvor entschieden ein Kind zu bekommen und doch nicht abzutreiben ? Die sehen sich seit Änderung der Gesetzeslage damit konfrontiert in einer Situation zu sein, die sie evtl. doch nicht “riskiert” hätten. Kindeswohl kann es nur dann wirklich geben, wenn beide Elternteil gleichwertige Pflichten übernehmen – nicht “Rechte”. Rechte bedienen die Erwachsenen, weil diese sie einfordern können ( besonders mit den nötigen Finanzen für einen guten Rechtsanwalt, die man meist weniger hat, wenn man in Kinderbetreuung “investiert” hat) – Kinder können das leider nicht, ihr Recht ist nur “theoretisch” auf dem Papier. Sie zu schützen und zu fördern bedarf es ( in der Praxis leider kaum anders zu sehen) Pflichten für beide Eltern. Rechte ohne Pflichten dienen leider nicht unbedingt dem Kindeswohl.