Umgangsregelungen, ganz egal ob gerichtlich beschlossen oder allein unter den Eltern nach einer Trennung mit Kind vereinbart, sind oft komplex, umfangreich und gute Regelungen zudem sehr spezifisch. Das muss auch so sein, denn immerhin müssen die Terminplanungen zweier Erwachsener und mindestens eines Kindes irgendwie unter einen Hut – und im Idealfall soll das alles auch noch möglichst stressarm umsetzbar sein.
Wann fällt Umgang aus?
Es lässt sich in aller Regel nicht über Jahre hinweg völlig verhindern, dass Termine einmal nicht eingehalten werden können. Das kann durch eine schwere Erkrankung des Kindes notwendig werden, durch berufliche Abwesenheiten eines Elternteils, durch Urlaubsreisen oder sonstige unvorhergesehene Zwischenfälle, die zum Beispiel den/die Umgangsberechtigte/n daran hindern, wie geplant den Umgang wahr zu nehmen. Hierbei ist zunächst wichtig zu verstehen, dass Umgangstermine – insbesondere durch einen Gerichtsbeschluss festgelegte – keine Wahlveranstaltungen sind. Mangelnde Lust des Kindes an einem Tag ist ebensowenig eine Begründung für einen Umgangsausfall wie eine leichte Erkältung. Es wird vorausgesetzt, dass das betreuende Elternteil imstande sein muss, das Kind zum Umgang zu bewegen, so wie es ansonsten imstande ist, es zum Kindergarten oder zur Schule zu bewegen, ob es nun Lust hat oder nicht.
Auf reiner Sachebene hat Umgang wie beschlossen statt zu finden, es sei denn, es ist nicht zumutbar oder für das Kind schädlich, wie es zum Beispiel der Fall sein kann, wenn ein Kind bettlägerig erkrankt ist und der Transport ein Problem wäre. Grundsätzlich ist eine Kinderkrankheit aber zunächst kein Grund für Umgangsausfall, denn es kann davon ausgegangen werden, dass sich auch der umgangsberechtigte Elternteil um ein krankes Kind kümmern kann, ebenso wie der überwiegend betreuende Elternteil.
Umgangsboykott ist kein Umgangsausfall
Sehr klar unterscheiden muss man allerdings Umgangsausfälle durch Umstände wie oben genannt und einen Umgangsboykott. Wenn ein überwiegend betreuendes Elternteil sich schlicht weigert, das Kind zum Umgang heraus zu geben, dann handelt es sich ausdrücklich nicht um einen Umgangsausfall. Ein betreuendes Elternteil kann auch keinen Umgang “aussetzen” oder dergleichen – das kann ausschließlich ein Gericht per Beschluss. Wird die Herausgabe des Kindes entgegen einer anderslautenden Vereinbarung bzw. eines anderslautenden Beschlusses verweigert, dann handelt es sich mutmaßlich immer(!) um einen Umgangsboykott, auch beim ersten entsprechenden Vorfall und auch, wenn der Boykott vermeintlich begründet wird, z.B. mit einer Verspätung der/des Umgangsberechtigten.
Auch im tatsächlichen Fall einer Kindeswohlgefährdung – wenn also zum Beispiel der umgangsberechtigte Elternteil stark alkoholisiert zur Abholung des Kindes erscheinen würde – handelt es sich beim Verweigern der Herausgabe durch den überwiegend betreuenden Elternteil zunächst um einen Boykott. Lediglich wäre er in diesem speziellen Einzelfall potentiell gerechtfertigt, was wiederum ein Gericht feststellen müsste.
Theoretisch ist jeder durch Boykott ausgefallene Umgang nachzuholen, denn sowohl das Kind als auch der umgangsberechtigte Elternteil haben ein Recht auf diese gemeinsame Zeit. In der Realität ist das, grade bei länger anhaltenden Boykotten, allerdings oft kaum umsetzbar. Durch deutlich erweiterte Umgangsregelungen wird mitunter versucht, der versäumten Zeit Rechnung zu tragen, was dann allerdings vorraussetzt, dass dieser Umgang auch tatsächlich stattfinden kann.
Das Jugendamt ist nicht befugt, Umgang auszusetzen
Ein weiteres, wiederholt vorkommendes Missverständnis besteht darin, Aussagen von Mitarbeitern des Jugendamtes dahingehend zu interpretieren oder zu zitieren, als dass dort zu einem Aussetzen des Umgangs durch den überwiegend betreuenden Elternteil geraten worden sei.
Tatsächlich hat kein betreuendes Elternteil das Recht, Umgang willkürlich auszusetzen oder zu bestimmen. Ebensowenig wie das Jugendamt. Zwar kann das örtliche Jugendamt in Fragen von Uneinigkeiten zur Umgangsregelung vermittelnd und beratend durch die Eltern hinzugezogen werden und oft genug ordnen auch Gerichte eine Erziehungsberatung beim örtlichen Jugendamt an, im Zuge derer weiterreichende Umgangsregelungen außergerichtlich vereinbart werden sollen – das alles fußt aber auf der Freiwilligkeit der betroffenen Elternteile.
Eine wie auch immer geartete Weisungs- oder Entscheidungsbefugnis über Zeit, Dauer oder Ausgestaltung des Umgangs obliegt dem Jugendamt nicht. Es kann Umgang ebensowenig aussetzen oder eine Regelung einseitig abändern wie eines der Elternteile alleine. All dies kann ausschließlich ein dazu angerufenes Familiengericht.
Entsprechend sollte man theoretisch auch alle vermeintlich durch ein Jugendamt “ausgesetzte” oder eingeschränkten Umgang nachholen, sofern ihnen ein Gerichtsbeschluss zu Grunde liegt. Bei außergerichtlichen Vereinbarungen stellt sich regelmäßig das Problem der Belegbarkeit und zudem der Freiwilligkeit aller Beteiligten. Eine außergerichtliche Vereinbarung kann jederzeit durch eines der Elternteile einseitig aufgekündigt werden. Das ändert zwar nichts am Recht des Kindes auf Umgang mit beiden Eltern sowie am Recht beider Eltern auf Umgang mit dem Kind, ohne konkrete zeitliche Struktur nützt das allerdings leider nicht viel.
Umgang nachholen
So zeigt sich auch das Kernproblem außergerichtlicher Vereinbarungen zum Umgang zwischen dem Kind und seinen Eltern: Fällt Umgang (unbegründet) aus, besteht erst einmal keine Möglichkeit, den folgenden Umgang oder eine Nachholung durchzusetzen.
Man spricht, im Falle gerichtlich beschlossener Umgangsregelungen, von einem vollstreckbaren Beschluss. Theoretisch könnte ein umgangsberechtigtes Elternteil das Kind also via Gerichtsvollzieher und mit polizeilicher Unterstützung vom überwiegend betreuenden Elternteil “einfordern”.
Genau diese Vollstreckbarkeit fehlt bei außergerichtlichen Vereinbarungen.
Das führt dazu, dass grundsätzlich eigentlich jeder gerichtlich beschlossene aber nicht stattgefundene Umgang nachgeholt werden müsste. Manche Gerichte formulieren, grade bei hochstrittigen Elternpaaren, die Modalitäten bei Umgangsausfällen direkt im Beschluss mit. Somit wird nicht nur der Umgang selbst geregelt sondern auch Ausfälle und wie damit zu verfahren ist. Wenn eine gerichtliche Umgangsregelung angestrebt wird und die Kommunikationsbasis der betroffenen Elternteile problematisch ist, kann zu einer solchen Ausformulierung nur geraten werden. Erfahrungsgemäß reduziert sich bei hochstrittigen Paaren das Konfliktpotential deutlich, umso konkreter und detaillierter die Umgangsmodalitäten geregelt sind.
Wichtig ist in diesem Kontext zu verstehen, dass Umgangstermine für das Kind förderliche, wichtige Begebenheiten sind. Daraus ergibt sich, dass Umgang nicht ersatzlos ausfällt, weil ein Attest vorliegt, demnach das Kind aus gesundheitlichen Gründen den Termin nicht einhalten konnte. Vernünftige Gründe, Umgang nicht umzusetzen, gibt es jenseits einer konkreten Kindeswohlgefährdung nicht und diese müsste und könnte nur durch ein Gericht, zur Not im Eilverfahren, festgestellt werden.
Generell ist zunächst einmal unerheblich, weshalb der Umgang ausgefallen ist. Für das betroffene Kind sind diese Zeiten der Beziehungspflege zum umgangsberechtigten Elternteil von enormer Wichtigkeit für eine gesunde Entwicklung und somit ist immer anzustreben, dass ausfallende Kontaktzeiten zeitnah nachgeholt werden können. Auch wenn für den Ausfall von Terminen der umgangsberechtigte Elternteil verantwortlich zeichnet. Die Umgangszeiten mit dem Kind sind ausdrücklich kein Entgegenkommen des betreuenden Elternteils an den ehemaligen Partner/die ehemalige Partnerin oder ein Erziehungsmittel ihm oder ihr gegenüber. Insofern ergibt es keinerlei Sinn für das Kind, wenn Umgangsausfälle in Verantwortung des umgangsberechtigten Elternteils von einer Nachholung ausgeschlossen werden.
Verloren geht diese wichtige Zeit am Ende vor allen Dingen dem Kind.
Quicktipp:
- Weder das überwiegend betreuende Elternteil noch das Jugendamt ist befugt, Umgang generell oder einzelne Umgangstermine im Besonderen “auszusetzen”. Das kann nur ein Familiengericht per Beschluss. Liegt ein solcher Beschluss nicht zugrunde, handelt es sich bei Verweigerungen zunächst immer erst einmal um einen Umgangsboykott. In der Verantwortung ist hierbei ausdrücklich das überwiegend betreuende Elternteil.
- Grundsätzlich sind Umgangszeiten mit dem nicht überwiegend betreuenden Elternteil für das Kind und seine gesunde Entwicklung sehr wichtig. Daher ist ein Nachholen ausfallender Kontakte immer anzustreben.
- Kontakt- und Umgangszeiten sind kein Erziehungsmittel gegenüber dem/der Ex und keine Verhandlungsmasse.
- Wenn ein Kind erkrankt ist, muss Umgang deshalb nicht ausfallen, sofern nicht schon der Transport schädlich sein könnte. Auch ein Umgangselternteil kann ein krankes Kind pflegen und entlastet zudem damit das überwiegend betreuende Elternteil.
- Es empfiehlt sich, die Modalitäten ausgefallener Termine klar ausformulieren zu lassen, wenn der Umgang gerichtlich geregelt werden soll.
- Außergerichtlich sind die Eltern in ihren Absprachen völlig frei. Es ist also im Grundsatz kein Problem, Termine zu tauschen oder dergleichen. Auch bei einem bestehenden Umgangsbeschluss.
- Ein “gerechtfertigter” Umgangsboykott kann nur bei unmittelbarer Gefährdung des Kindeswohls vorliegen und muss entsprechend von einem Familiengericht bewertet werden.
- Insbesondere bei längeren Umgangsverweigerungen ist ein Nachholen oft nicht mehr umsetzbar. In diesem Fall empfiehlt sich, eine deutlich erweiterte Umgangsregelung, um die entgangene Beziehungspflege zu kompensieren.
- Je nachdem wie gut die Kommunikation zwischen den getrennten Eltern funktioniert, kann z.B. ein gemeinsamer Doodle-Kalender viel Klarheit schaffen, um Absprachen fest zu halten und Missverständnisse zu verhindern.
Wie wirkt sich das Umgangsrecht dann auf die Freizeitgestaltung des Kindes aus (z.B. Fußballturniere am Wochenende oder Geburtstagsfeiern)? Kann das Kind aufgrund einer Weigerung des anderen Elternteils (Bringen/Holen) nicht daran teilnehmen?
Die allgemeine Herangehensweise ist hier: Es sind keine entsprechenden Termine in die Umgangszeit zu legen.
Sinnführend hierbei ist die Überlegung, dass die Beziehungspflege zum Umgangselternteil nicht hinter Hobbies zurückstehen sollte. Der Umgangselternteil entscheidet innerhalb der Umgangszeit, was unternommen wird.
Entscheidet dieses Elternteil gegen eine Geburtstagsfeier oder Fußballtraining, dann ist das die Sachlage.
Was tue ich am Besten, wenn mein Kind bei der Übergabe zum begleiteten Umgang nicht beim Vater bleiben will? Meine Tochter musste miterleben, wie mein Mann mich fast zu Tode würgte. Sie ist seit der Trennung in kinderpsychologischer Behandlung und hat grosse Angst vor dem gewalttätigen Vater. Beim Jugendamt sagte sie, wenn sie ihn sehen muss, dann nur wenn jemand dabei ist und sie nie mehr mit ihm alleine sein muss. Wir haben vor Gericht den begleiteten Umgang durchgesetzt. Ich versuche alles, die Dinge, die mein Mann tut, um mir das Leben schwer zu machen, von meinem Kind fernzuhalten, um es nicht zusätzlich zu belasten. Ich befinde mich in einem fürchterlichen inneren Konflikt, da ich die Auffassung des Jugendamtes, immerhin habe mein Mann nicht versucht, das Kind zu töten und es vorher nie so massiv misshandelt wie mich, nicht akzeptieren und meinem Kind wie gewünscht einreden kann, es würde ihm schon nichts passieren. Meine Tochter hat konkrete Ängste, die ich nicht ignorieren kann, da sie absolut begründet sind. Bisher habe ich aus Angst vor den Drohungen meines Mannes das Kind quasi zu den Umgangsterminen gezwungen. Mit dem Ergebnis, dass ich die eigene Beziehung zu meiner Tochter gefährde und ihr Vertrauen verliere. Ehrlich gesagt würde ich sie am Liebsten wieder mitnehmen, wenn sie sich weinend an mich klammert. Es zerreißt mich innerlich ihr weinendes verzweifeltes Gesicht zu sehen und gehen zu müssen. Mein Mann droht mir die Hölle heiß zu machen wegen Umgangsboykott, wenn ich sie mitnehmen würde. Bisher sagen alle, da müssen wir durch, die Kleine wird erst 8 Jahre alt. Haben wir denn wirklich keine Chance?
Hallo Tinkerbell,
das Argument ist ja durchaus belastbar – dem Kind hat er, nach Ihren Schilderungen, nie etwas getan. Daher gibt es ja auch gar keinen Grund, anzunehmen, das würde sich ausgerechnet jetzt nach der Trennung ändern und im Rahmen eines begleiteten Umganges ist die Tochter ja erstrecht sicher und ihr kann nichts passieren. Das ist sicherlich auch Ihnen selbst klar, auch wenn es verständlicher Weise schwer ist nach solchen Erfahrungen das Kind zu den Umgängen zu bringen.
Haben Sie einmal die Umgangsbegleitung danach befragt, wie sich das Kind während der Umgänge und insbesondere sobald Sie nicht mehr in Sicht sind verhält?
Das Kind befindet sich ja zwangsläufig in einem Loyalitätskonflikt. Diese Differenzierungsleistung, die schon uns Erwachsenen nicht leicht fällt (“Dem Kind hat er ja nie etwas getan”) ist für das Kind natürlich doppelt schwer, allerdings weniger in Bezug auf konkrete Angst vor dem Vater als vielmehr unterstützend Ihnen gegenüber. Der Vater hat Ihnen weh getan und sie weiß das. Aber es ist eben auch ihr Papa und ihr hat er nichts getan. Womöglich ist der Umgang des Vaters mit der Tochter auch ein vollkommen anderer als damals mit Ihnen, das wäre nicht unüblich. Praktisch ein anderer Mensch. Dann und grade dann sitzt die Tochter natürlich massiv zwischen den Stühlen und es wäre hier Aufgabe der Umgangsbegleitung, das Kind in diesen Übergängen zu unterstützen.
Erkundigen Sie sich einmal regelmäßig, wie sich das Kind verhält, nachdem Sie gegangen sind und während der Umgänge. Hört die tiefe Verzweiflung prompt auf, sobald Sie außer Sicht sind, wissen Sie, dass nicht Sie die eigentliche Haltung des Kindes ernst nehmen sondern ihre eigene ein Stück weit mit auf das Kind übertragen und die Tochter eher aus Loyalität recht verzweifelt in der Verabschiedung erscheint, weil Sie selbst recht verzweifelt sind. Hält diese tiefe Verunsicherung allerdings durch die Umgänge hindurch an, muss hinterfragt werden, ob das so in dieser Form wirklich dem Kindeswohl dient. Hier können Umstrukturierungen im Ablauf oder auch eine therapeutische Begleitung sinnvolle Ansätze sein.
Vielen Dank für Ihre schnelle und ausführliche Antwort! Ich bin froh, dass Sie über den Loyalitätskonflikt schreiben. Auch aus dieser Befürchtung heraus habe ich mich umgehend um eine Kinderpsychologin bemüht. Ich schaue sorgfältig hin, ob mein Kind “zu mir halten” will und denke von Anfang an, dass ich zwar als Mutter ein gutes Gespür habe, aber womöglich in meinem Kind Dinge vorgehen, die ich vielleicht nicht erkenne bzw die es mir nicht sagen kann, unter Umständen, weil es sogar die Worte dafür nicht hat. Die Therapeutin ist mir ein wichtiger Anker in dem Strudel aus Sorge um mein Kind. Etwa ein Dreivierteljahr vor der lebensgefährlichen Eskalation, bat mich die Kleine immer wieder mit ihr fortzulaufen vom Papa. Sie schmiedete Fluchtpläne – ich traute mich nicht ihr zu sagen, wie oft er mich schon an der Flucht mit ihr gehindert hat und auf welche Weise. Ich war ohnehin nicht sicher, wieviel sie mitbekommen hat, nur dass es bestimmt zuviel war. Sie kennt ihren Vater als jemanden, der wegen Kleinigkeiten vollkommen ausrastet. Angeschrien und mit Worten gedemütigt zu werden war Standard. Dazu Kontrolle nahezu aller Bereiche und das Verhindern von engen sozialen Kontakten und Geselligkeit. Dazu ist mein Nochmann aber vor anderen ein großartiger Schauspieler! Ich habe zu Hause manches ausgehalten, obwohl ich als junges Mädchen überzeugt war keine Sekunde länger bei einem Mann zu bleiben, der auch nur ein Mal die Hand erhebt. Ein Kind und die Drohung was geschieht, wenn ich gehe hat mich, wenn ich ehrlich bin, feige aus Angst gemacht. In der Kinderarzt- und Hausarztpraxis sprach die Kleine von der Situation zu Hause und wie sehr sie sich wünscht, wir könnten weglaufen. Ich hatte dort ernste Gespräche und man riet mir überall das Kind absolut ernst zu nehmen. Während ich mich noch informierte über die tatsächlichen Möglichkeiten zu entkommen, passierte dann der schlimmste und letzte Ausraster meines Nochmannes. Wie mir die Ärztin prophezeit hatte, irgendwann sind alle Fragen und Überlegungen weggewischt. Mein Nochmann bestreitet die Tat und behauptet bis heute, Opfer eines perfiden Plans geworden zu sein, in dem seine Tochter eine Hauptrolle als Lügnerin spielt. Sie weiß das und sie möchte mit ihm nichts mehr zu tun haben. Ich habe das Kind in unserer Ehe nur im allerhöchsten Notfall mit ihm alleine gelassen und konnte es in meinem Beisein trotzdem nicht immer vollkommen schützen. Hartes Anpacken, Umschubsen, beim Zähneputzen zum Würgen bringen, so dass die Kleine bis heute Panikattacken in der Zahnarztpraxis hat und Männer nicht in ihren Mund fassen dürfen. Ich finde das schon schlimm genug und kann mich nicht damit abfinden, dass noch Schlimmeres hätte passieren müssen, damit das Kind ernst genommen wird. Wobei es den Vater auch dann trotzdem treffen müsste. Befreit und froh wirkte sie während des absoluten Kontakverbotes in den ersten Wochen. Der Umgangsbegleiter berichtet, sie weint weiter, wenn ich fort bin und möchte nicht von ihrem Vater getröstet werden. Mit malen lässt sie sich ablenken. Wenn sie sich auf ein Spiel einlässt, nimmt sie Beziehung zum Betreuer auf, der Vater ist ein Mitspieler, der geduldet werden muss. Mich fragt sie hinterher warum ich sie im Stich lasse und warum sie das aushalten muss. Mir fällt keine Antwort ein, die sie zufriedenstellt, denn es sind die selben Fragen, die ich mir stelle. Den Spruch mit der Schule, wo man ja auch hin muss ob es einem gefällt oder nicht kann sie nicht nachvollziehen. Die Schule jagt ihr keine Angst ein. Ich denke, es täte dem Kind gut zur Ruhe zu kommen und dann den Kontakt zum Vater mit Begleitung aufzunehmen, wenn es sich bereit fühlt, also es möchte. Aber es heisst, diese Entscheidung dem Kind zu überlassen, ist zu schwer für das Kind und dabei könnte außerdem eine Ewigkeit ins Land gehen. Ich sehe mein Kind zerbrechen an der jetzigen Situation. Ich sage mein Kind, nicht aus Ablehnung zum Vater, sondern weil das vom ersten Moment an der Ausdruck mein Herzgefühl ist. Wie helfe ich meinem Kind wirklich? Sie soll laut Jugendamt Vertrauen zum Vater gewinnen, der ja bestimmt keine Kinder erwürgen würde. Das will ich doch hoffen! Ich hätte bis zu dem Moment als es passierte auch nicht wirklich gedacht dass er mich vor dem Augen des Kindes fast zu Tode würgen würde.
Ich bin seit 4 Monaten wegen Burnout krank geschrieben. Nun habe ich eine medizinisch zwingend erforderliche REHA genehmigt bekommen, die meine Erwerbsfähigkeit sichern soll. Dauer: 5 Wochen. In diese Zeit fallen 2 Umgangs-Wochenenden aber auch die Weihnachtsfeiertage und Sylvester (1 Woche Weihnachtsferien). Ich habe in dieser Zeit keine Betreuungsmöglichkeiten für mein Kind. Meine Eltern sind Mitte 80 und damit überfordert unser Kind (9 Jahre) mehrere Wochenende und eine komplette Woche zu sich zu nehmen. Die Mutter des Kindes besteht darauf, dass ich für eine Betreuung sorge oder ggf. die Kur absage. Eine Absage ist nicht möglich, da mir dann das Krankengeld gestrichen wird und ich die REHA gesundheitlich dringendst benötige. Die Mutter hätte grundsätzlich Betreuungsmöglichkeiten. Es sind 2 große Schwestern im Haus (16 und 19 Jahre alt.), die sich kümmern könnten. Der langjährige Lebensgefährte wohnt ebenfalls mit im Haus. Eine Mitnahme zur Arbeit ist ebenfalls möglich (ist selbständig in eigener Praxis). Die Mutter vertritt die Position, dass sie unser Kind unter allen Umständen zu mir bringen wird. Unabhängig von meiner gesundheitlichen Situation und der fehlenden Betreuungsmöglichkeit. Es fielen Formulierungen wie “Und selbst wenn du im Krankenhaus liegen würdest, würde ich das Kind zu dir bringen und es neben dein Bett stellen. Ich brauche schließlich auch meine Freizeit”. Wie verhalte ich mich am besten in dieser Situation? Ich muss die REHA antreten, aber kann beim besten Willen nicht über 5 Wochen eine Betreuung organisieren und meine EX–Frau verweigert jede Kooperation und droht damit mir das Kind “vor die Tür zu stellen”. Dies hat es in der Verganegheit bereits gegeben. Meine Vermieterin hat ihr daher Hausverbot erteilt. Ich nehme meine “Umgangspflichten” seit Jahren gerne, liebevoll und sehr gewissenhaft wahr. Aber jetzt weiss ich nicht weiter.